Der Traum des Carlos Sastre
Im Schatten der Pilotfische
Le roi est mort. Vive le roi.
Le roi est mort. Vive le roi.
Ohne Ullrich. Ohne Basso. Die Tour de France startet in diesem Jahr ohne ihre großen Favoriten und hat schon vor dem Start einen weiteren Tiefpunkt erlangt.
So dramatisch die jüngsten Entwicklungen der Doping-Affäre um den spanischen Dopingarzt Fuentes auch sind, wirklich zu überraschen vermögen sie nicht. Das Damoklesschwert des Dopings schwebt schon seit Jahren, ja Jahrzehnten über dem Radsport. Wen mag es da verwundern, dass auch die großen Protagonisten der vergangenen Jahre den Verlockungen der illegalen Leistungssteigerung (und damit auch Ruhm, Ehre und Geldsegen) erlegen sind?
Nun, soweit sind wir noch nicht. Solange kein eindeutiger Beweis einer Dopingschuld erbracht wurde, gilt auch hier die Unschulds-
vermutung. Fakt ist jedoch, dass die Tour im Jahr eins nach Lance Armstrong ohne seine großen Favoriten stattfindet. Doch es gibt kein Verweilen. Die Karawane rollt. Die Tour sucht ihren neuen König.
Eine Frage aber bleibt: Sollte man die diesjährige Tour de France nicht mit Missachtung strafen? Die Fans tun es nicht! Die Massen an der Strecke der ersten Etappe (Straßburg—Straßburg) beweisen es. Was also muss noch passieren, damit Zuschauer und Massenmedien den Radprofis buchstäblich die rote Karte zeigen?
Oder ist es gerade diese Tour, die eine ehrliche und uneingeschränkte Beachtung verdient? Weil das Feld um einige (vermeintliche) Dopingsünder bereinigt wurde. Aber wer mag schon seine Hand für den Rest des Pelotons ins Feuer legen?
Immer wieder versuchen Athleten, den spezifischen Möglichkeiten und Risiken ihrer Lebenswelt mit Hilfe von illegalen Praktiken zu entsprechen. Doping ist dabei keine Sache „schlechter“ Menschen, sondern verweist auf soziale Bedingungen, die diesen Ausbruch aus einem fairen sportlichen Verhalten in erwartbarer Weise auslösen. Auch wenn es sich dem geneigten Zuschauer nicht gleich erschließt, die Schuldigen sind nicht allein die gedopten Fahrer und ihre Trainer! Doping im Radsport entsteht aus einer verhängnisvollen Konstellation mehrerer Faktoren. Diese Konstellation setzt sich aus einem stabilen Verhältnis von Wirtschaft (Sponsoren), Politik, Massenmedien und nicht zuletzt auch dem Publikum zusammen.
Damit der Radsport eine tatsächliche Chance auf einen fairen und dopingfreien Sport bekommt, muss letztlich diese dopingerzeu-
gende Konstellation verändert werden. Das bedeutet, dass die Dopingbekämpfung mit all jenen Sozialbereichen abgestimmt werden muss, die das abweichende Verhalten der Sportler mit zu verantworten haben. Nur auf diesem Weg kann eine erfolgreiche und nachhaltige Dopingbekämpfung erreicht werden.

Tote-Winkel-der-Tour.de berichtet in den folgenden Wochen über die Tour de France aus einem besonderen Blickwinkel. Auch wenn sich der erste Artikel einem aktuellen Thema annimmt, soll an dieser Stelle ansonsten über die kuriosen, spannenden, witzigen, informativen und ungewöhnlichen Dinge der Tour berichtet werden, die in der aktuellen Berichterstattung in Fernsehen und Printmedien eher wenig Berücksichtigung finden.
Schauen Sie rein und erleben Sie die Tour de France von einer anderen Seite!

Matthias Fesel